Reitweisen - Klassisch, Barock, Western, Englisch, Herkömmlich - wo ist der Unterschied?
Westernreiten sowie Barockreiterei sind Gebrauchsreitarten. Ziel ist das einhändige Reiten, damit man die zweite Hand frei hat(te), z.B. fürs Rinder mit dem Lasso fangen oder für den Säbel....
Englisch wird hierzulande die herkömmliche Reiterei bezeichnet, wobei sie nicht wirklich "englisch" ist - in England wird anders geritten.
Bei allen Reitweisen kontrolliert man mit den Schenkeln die Hinterhand des Pferdes. Beim Westernreiten kontroliert man auch die Vorderhand mit den Schenkeln (Tipp: Jean-Claude Dysli) - z.B. etwa eine handbreit weiter vorne angelegt geben sie Hilfen für die Vorderhand, etwas weiter hinten angelegt sind die Hilfen für die Hinterhand. Bei den anderen Reitweisen wird die Vorderhand meist mit den Zügeln kontrolliert.
Schenkelhilfen können verwahrend sein, damit soll der Hinterhand eine Begrenzung gegeben werden (Begrenzung der seitlichen Bewegung der Hinterhand). Sie können auch vorwärts treibend sein, oder vorwärts-seitwärts-treibend. Treiben geschieht durch Druck auf den Pferdekörper. Entscheidend bei der Schenkelhilfe ist nicht die eingesetzte Krakft, sondern der richtige Zeitpunnkt und die richtige Lage des Beins.
Beim Westernreiten und Barockreiten dient das Gebiss lediglich dazu, den Rahmen zu geben und das Pferd zu stellen (z.B. nach rechts/links; "Stellung" bezieht sich nur auf das Genick des Pferdes, ein gestelltes Pferd schaut leicht nach innen, ohne dass es dabei den Hals biegt; "Biegung" dagegen auf die gesamte Längsachse des Pferdes. Stellung ist ohne Biegung möglich (z.B. beim Schenkelweichen oder im Galopp), Biegung jedoch nicht ohne Stellung; allerdings kann ein Pferd auch in die entgegengesetzte Richtung gestellt sein, in die es gebogen ist).
Beim Western- und Barockreiten (Tipp zu Barockreiten: Bent Branderup) sind die Gewichtshilfen entscheidend. Das Pferd soll immer unter den Schwerpunkt treten. Wird z.B. rechts mehr belastet, soll das Pferd nach rechts treten um wieder unter dem Schwerpunkt des Reiters zu sein. Außerdem soll sich das Pferd um den Gesäßknochen biegen. Wird z.B. der linke Gesäßknochen belastet, soll sich das Pferd nach links biegen, um den Gesäßknochen herum. Ein guter Reiter kann ein fein ausgebildetes Pferd schließlich nur noch mit Gewichtshilfen reiten. (Kennen Sie Stacy Westfall? Sie reitet ohne Sattel und ohne Zaumzeug wunderbare freestyle reinings)
Westernpferde sollen auf Impulse reagieren. Trabt man ein Westernpferd an, oder reitet Jog,... dann soll es so lange in dieser Gangart und in dem Tempo bleiben, bis man eine andere Hilfe gibt. (Für die Cowboys wäre es unmöglich, bei jedem Schritt zu treiben.) Außerdem sollen Westernpferde auch selber "mitdenken". Bei diversen Disziplinen wäre es undenkbar, dass ein Pferd nur blind gehorcht. ("Blind" ist bei den leider nicht selten zu sehenden Bildern mit deutlich hinter die Senkrechte eingerollten Köpfen durchaus auch wörtlich zu nehmen! Eine extreme Unterwerfung) Im Militär z.B. war es wichtig, dass ein Pferd in jeder Situation 100% gehorcht. Heutzutage gäbe es eigentlich ganz andere Prioriäten.
Beim herkömmlichen Reiten ist oft gewünscht, dass für jeden einzelnen Schritt eine Hilfe gegeben wird, dass jeder Schritt "herausgetrieben" wird. Dem Pferd soll man bei jedem einzelnen Schritt sagen, was es machen soll. Das kann anstrengend sein und das Pferd ganz schön abstumpfen... es kann aber auch seine Berechtigung haben und sinnvoll sein, vor allem in schwierigeren Dressuraufgaben.
Das Ziel jeglicher Reitweise sollte sein, mit immer feineren Hilfen reiten zu können. Anfangs - sowohl bei jungen Pferden, als auch bei Reitanfängern - sind die Hilfen gerne erst mal übertrieben. Nach und nach sollten die Hilfen jedoch reduziert werden und bei einem guten Reiter sollten die Hilfen kaum noch sichtbar sein. Sehr hilfreich sind die Gewichtshilfen, die das Pferd natürlich spürt. Ein Pferd spürt auch Schenkel, die nur anliegen - nicht nur das reinklopfen. Ein Pferd spürt sogar eine klitzekleine Fliege irgendwo auf seinem Fell! Reiten mit feinsten Hilfen - das kann soweit gehen, dass der Reiter sich nur noch vorstellen braucht, was er machen will, nur visualisieren, daran denken - und das Pferd versteht es und hat Freude daran es zu machen. (Tipp: "Wege zur Leichtigkeit in der Klassischen Dressur" von Dominique Barbier)
Beim herkömmlichen Reiten (sogen. "Englisch Reiten") liegt der Schwerpunkt immer auf den diagonalen Hilfen. D.h. z.B. rechter Zügel - linker Schenkel (linker Schenkel treibt an den rechten Zügel heran). Will ich mit meinem Pferd nach rechts wenden, so stelle ich es mit dem rechten Zügel nach rechts, das Pferd soll sich um den rechten Schenkel herumbiegen (stellen Sie sich vor, ihnen drückt jemand an die rechte Taille - was machen Sie? Automatisch biegen Sie sich nach rechts). Der linke Schenkel soll nun das Pferd an den rechten Zügel herantreiben. Wichtig ist außerdem, dass der linke Zügel die Vorderhand einrahmt, so dass das Pferd nicht über die linke Schulter ausbricht und nach links geht. D.h. der linke Zügel liegt am Hals, darf nicht zu lang sein. Er gibt dem Pferd eine Begrenzung, damit es nicht nach links weggeht. (Oft sieht man, dass beim Versuch das Pferd nach rechts zu lenken, nur am rechten Zügel gezogen wird. Der linke Zügel hängt durch, sonst gibt es auch keine Hilfe - was macht das Pferd - es geht nach links... warum? Es fehlt der linke Schenkel, der nach rechts treibt und der linke Zügel am linken Hals anliegend, der dem Pferd eine Begrenzung gibt und es daran hindert, evtl. auch nach rechts gestellt über die linke Schulter auszubrechen und trotzdem nach links zu gehen. Hier kommt es oft zu unschönen Szenen. Reiten als Kraftakt, mit nur mäßigem Erfolg...
In der klassichschen Dressur/Barockreiten haben die Seitengänge einen sehr hohen Stellenwert und kommen bei der Ausbildung noch vor dem Galopp. Vor allem das Schulterherein (nicht jedoch das Schenkelweichen, Schenkelweichen ist eher widersprüchlich zu den anderen Seitengängen wie Schulterherein, Travers, Renvers, Traversale) hat eine große Bedeutung. In der herkömmlichen Reitweise kommen die Seitengänge erst viel viel später. Hier sollen zuerst alle Gänge taktrein, losgelassen und in Anlehnung beherrscht werden, bevor es dann zu den Seitengängen kommt. In der klassischen Dressur kommen die Seitengänge vor dem Galopp - die Seitengänge gymnastizieren so gut, dass ein traumhafter Galopp dann ganz automatisch folgt. Voraussetzung ist aber in jedem Fall und in jeder Reitweise die Losgelassenheit. D.h. eine physische und psychische, innere und äußere Entspannung, zusammen mit richtiger Muskelarbeit und der Bereitschaft des Pferdes zur Mitarbeit. Ohne Losgelassenheit ist jede Arbeit sinnlos - in jeder Reitweise. Daher steht diese am Anfang jeder Ausbildung und am Anfang jeder Trainingseinheit.
Wie bekommt man ein Pferd dazu, dass es willig alles mitmacht? Sicher nicht durch grobe Unterwerfung, sondern indem man das Pferd freundlich "bittet" und ihm vor allem auch genau zu verstehen gibt, was man sich wünscht. Vorausetzung dafür ist, dass man selber eine genaue Vorstellung davon hat, wie das Ergebnis aussehen soll.
Stacy Westfall Championship Ride Bareback & Bridlelss Hochgeladen auf youtube von StacyLWestfall am 13.05.2010
Video von youtube PLEASE NOTE: We do NOT own or claim to own the audio in this video. The song "Live Like You Were Dying" was sung by Tim McGraw and is owned by WMG. This video was taken at the All American Quarter Horse Congress in 2006
Westernreiten mit Jean Claude Dysli (von youtube.com):
Akademische Reitkunst (klassisch/barock) mit Bent Branderup (von youtube.com) (Tipp: DVD`s "Akademische Reitkunst", Bent Branderup):
Tipp: DVD Freizeitreiterakademie von Claus Penquitt (ehem. Europameister der Westernreiter) (für ambitionierte Freizeitreiter - sehr anschaulich und ausführlich): (Kombination aus Westernreiten und klassischer Reitkunst).
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